Ich kann mich noch ziemlich gut daran erinnern, wie ich vor ein paar Jahren den Versuch gestartet habe eine eigene iPhone App zu entwickeln.Schließlich habe ich in meinem Arbeitsalltag regelmäßig Webanwendungen entwickelt, also konnte der Switch zu Mobile Apps ja nicht so schwer sein, oder? Na ja... nach unzähligen Video Tutorials und mehreren Stunden hatte ich meine erste funktionierende Taschenrechner-App gebaut. Nach weiteren Stunden in der Dokumentation von Apples Programmiersprache Swift und diversen durchsuchten Foren habe ich dann doch irgendwann das Handtuch geworfen. Irgendwie konnte ich mich mit dem Ganzen nicht anfreunden.
Heute, einige Jahre später gibt es diverse tolle NoCode Tools auf dem Markt, die es ermöglichen native Mobile Apps für Android und iOS zu bauen. Zu den begehrtesten Tools zählen dabei die App Builder Adalo und Appgyver. Diese wollen wir heute etwas tiefer durchleuchten.
Während das finnische Unternehmen Appgyver bereits 2010 gegründet worden ist, gehört das Unternehmen Adalo, welches 2018 entstanden ist, eher zu den jüngeren Start-ups. Beide Unternehmen konzentrieren sich auf verschiedene Zielgruppen, welches sich bereits am Preismodell erahnen lässt. Während Appgyver eher mittelständische Unternehmen und Konzerne zu seinen Kunden zählt, sind es bei Adalo eher Einzelunternehmer und Start-ups sowie andere Kleinunternehmen. Zu den Preisen aber später mehr.
Beide Anbieter verfolgen ein ähnliches Prinzip - denn in den jeweiligen Editoren lassen sich Apps per Drag-und-Drop bauen. Beide stellen dazu eine große Auswahl an Komponenten bereit, die sich zusätzlich individualisieren lassen. Neben den Standard-Komponenten gibt es bei beiden Anbietern zusätzlich einen Komponenten-Marktplatz, auf dem sich eine riesige Auswahl weiterer Elemente finden lässt.
Adalo sowie Appgyver stellen beide diverse Möglichkeiten zur Datenspeicherung bereit. So lassen sich bei beiden Anbietern eigene Datenbanken anlegen. Appgyver empfiehlt dies allerdings nur bei Hobby-Projekten oder Testumgebungen zu tun und bei Produktivumgebungen auf andere Datenbankanbieter zu setzen. Dazu bietet Appgyver eine einfache REST API Anbindung an. Auch in Adalo lassen sich direkt Daten speichern. Inwiefern sich diese interne Datenbank auch für größere Datenmengen eignet, ist schwer zu sagen. Über die API lassen sich aber auch hier Drittanbieter Datenbank-Dienste anbinden.
Ist die App erstmal fertig gebaut, lassen sich diese mit wenigen Klicks im Apple App-Store oder im Google Play-Store veröffentlichen.
Neueinsteiger werden sich in Adalo schnell zurechtfinden. Die Menüs sind übersichtlich strukturiert und wirken aufgeräumt. Generell ist die Lernkurve eher flach gehalten und man kommt schnell zu guten Ergebnissen. Die simple Bedienung weist allerdings auch Grenzen auf. Elemente sind nur bis zu einem bestimmten Grad optisch anpassbar und die Komponenten bilden hauptsächlich Basisfunktionen ab.
Wer Composer Pro, den NoCode Editor von Appgyver, das erste Mal ausprobiert, wird schnell feststellen, dass Appgyver mit verschiedenen Terminologien und Prinzipien aus der Softwareentwicklung arbeitet. Begriffe wie Variablen, Bindings, Funktionen oder Objekte sollten dem Nutzer nicht unbekannt sein. Denn dann kann der Einstieg schnell schwerfallen. Hat man sich die Themen aber einmal zu Gemüte geführt, erkennt man schnell das Potenzial, was Composer Pro bietet. Der Drag-and-Drop Editor macht das Platzieren von Komponenten so einfach wie möglich und in den Eigenschaften der Elemente kann man so ziemlich alles verändern, was man sich vorstellen kann. Optisch und funktionell sind hier kaum Grenzen gesetzt. Zusätzlich zu den Standard-Lomponenten kannst du auch eigene Komponenten zusammenbauen und wiederverwendbar machen. Auch wenn es um Funktionen geht, ist Appgyver am Drücker. Über den integrierten Flow-Functions-Editor lassen sich Funktionalitäten für z.B. Button ganz einfach zusammensetzen. Dies ermöglicht komplexe Abläufe innerhalb deiner App. Für das Transformieren von Daten steht dir der Formular-Functions-Editor bereit. Hier kannst du Variablen mithilfe von Formeln verändern, ähnlich wie z.B. Microsoft Excel.
In Adalo können Apps für viele verschiedene Einsatzbereiche erstellt werden. Das reicht vom Prototyp, um Ideen zu testen, bis zur vollständigen E-Commerce Experience. Adalo stellt auf der eigenen Webseite im Showcase dar, welche Apps mit Adalo gebaut wurden. Schau gerne mal rein und lass dich inspirieren.
In Composer Pro lassen sich ebenfalls viele verschiedene Use Cases abdecken, allerdings fehlt derzeit noch ein beliebtes Feature - eine Bezahlfunktion. Damit entfallen leider einige Anwendungsbeispiele wie Online-Shops, Marktplätze oder andere Arten von Apps, die Bezahlungen integrieren. Auf der anderen Seite eignet sich Appgyver durch die mögliche Komplexität von Apps exzellent für den Enterprise Bereich und somit für Business-Apps. In Blog von Appgyver werden jede Woche neue Apps vorgestellt, die von Nutzern mit Composer Pro erstellt wurden. Schau hier unbedingt vorbei.
In der vielfältigen Template-Bibliothek von Adalo finden sich Vorlagen für viele verschiedene Use Cases. Von einer einfachen To-do-Liste über eine Online-Shop-App bis hin zum Facebook-Klon. Hier lassen sich viele tolle Templates finden, bei denen man "Reverse Engineering" betreiben kann, um den Aufbau der Apps und Funktionalitäten besser zu verstehen.
Appgyver stellt hingegen aktuell leider keine Templates zur Verfügung.
Wie oben bereits erwähnt stellt Adalo eine API Anbindung für die Integration von Drittanbieter-Systeme an. NoCode Automatisierungsliebhaber können sich über eine native Anbindung von Diensten wie Zapier und Integromat freuen. Zur Monetarisierung der App bietet Adalo eine Integration vom Zahlungsanbieter Stripe sowie die Möglichkeit von In-App Zahlungen über die jeweiligen App Store-Anbieter.
Appgyver bietet ebenfalls die Möglichkeit mithilfe der API-Anbindung Daten zu Drittanbieter-Systemen zu übertragen. Derzeit gibt es allerdings keine Möglichkeit Zahlungen innerhalb einer App zu tätigen.
Adalo lässt sich in der Grundversion kostenlos testen und nutzen. Dabei lassen sich unbegrenzt viele Anwendungen erstellen. Der Datenspeicher ist allerdings auf 50 Zeilen bzw. Einträge pro App begrenzt. Veröffentlicht werden kann die App in der kostenlosen Basisversion ausschließlich im Web mit Adalo Domain. Wer mehr möchte, ist dazu aufgefordert in den nächst höheren (Pro-) Plan zu wechseln, welcher mit 50 $ pro Monat bepreist ist. Hierbei lässt sich eine App in den Google Play-Store und Apple AppStore veröffentlichen und es sind 5 GB Datenspeicher vorhanden.
Appgyver ist für Privatanwender und Unternehmen mit einem jährlichen Gewinn oder einer Finanzierung unter 10 Millionen Dollar kostenfrei nutzbar. Kein Scherz! Das beinhaltet auch das Veröffentlichen deiner App in den verschiedenen App-Stores. Auch für Integrationsmöglichkeiten und dem Datenspeicher von Appgyver gibt es keine Limitierungen.
Adalo ist eine Marke von Apto Labs, Inc, die ihren Hauptsitz in den USA hat und speichert dort voraussichtlich auch alle Daten. Die Nutzung von Adalo ist nach dem gekippten Privacy Shield abkommen aus EU-Sicht also risikobehaftet. Adalo bietet dir an einen Auftragsverarbeitungsvertrag bzw. ein Data Processing Agreement abzuschließen. Lass sich auf jeden Fall professionell beraten, falls du deine App kommerziell nutzen und persönliche Daten darin speichern möchtest.
Die Firma AppGyver Inc. hat ihren Hauptsitz in Helsinki, Finnland und ist seit Anfang 2021 Teil der SAP Organisation. Appgyver nutzt für das Bereitstellen der Web- und App-Services Dienste von Amazon Web Services und ist nach eigenen Aussagen vollständig DSGVO-konform. Auch hier gilt - lass dich professionell beraten, falls du deine App kommerziell nutzen und persönliche Daten darin speichern möchtest.
Welches Tool du für dich nutzen kannst, hängt von deinem Vorhaben und deinen Vorkenntnissen ab. Kennst du dich im Bereich Software noch nicht allzu gut aus und möchtest einfach testen, ob deiner Idee Leben einhauchen kannst, dann probiere am besten mal Adalo aus. Auch wenn du mit deiner App Geld verdienen möchtest, solltest du aktuell zu Adalo greifen. Zumindest so lange, bis Appgyver diesen Service anbietet. Einen Einblick in die grundlegenden Funktionen von Adalo findest du in unserem Einsteigerkurs.
Möchtest du einen etwas komplexeren Use Case abbilden und Begriffe wie Variablen, Bindings und Funktionen sind dir nicht unbekannt, dann greife auf jeden Fall zu Appgyver. Gerade der Flow-Functions-Editor, in dem du Funktionen per Drag-and-Drop zusammen puzzeln kannst, ermöglicht unglaublich viele Möglichkeiten. Neugierig geworden? In unserem Einsteigerkurs für Appgyver bringen wir dir alles bei, was du für die Nutzung von Composer Pro wissen musst. In diesem weiterführenden Kurs zeigen wir dir anschließend, wie du eine To-Do-Listen App mit Appgyver bzw. Composer Pro erstellen kannst.